Rassismusfreie Arbeitsumgebung

Wie zeigt sich rassistische Diskriminierung in der Arbeitswelt und was können wir dagegen tun?


 

Die Black-Lives-Matter Bewegung hat im vergangenen Jahr die Debatte um strukturellen Rassismus weltweit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Auch in Deutschland hat das Bewusstsein für das Thema zugenommen. Schließlich ist Rassismus auch hierzulande kein unbekanntes Problem. Rassistisch motivierte Anschläge wie in Halle oder Hanau haben uns das Ausmaß des Problems schmerzlich vor Augen geführt. Rassismus zeigt sich aber nicht nur in offenen Gewalttaten: Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt, soziale Ausgrenzung und offenkundige Belästigungen sind ebenso bezeichnend für rassistische Diskriminierung. 

Der Wunsch nach gesellschaftlichen und strukturellen Veränderungen ist nicht nur bei den Betroffenen groß. Laut einer repräsentativen Studie zur politischen Stimmung im Auftrag des ARD sind 64 % der Deutschen der Meinung, dass Rassismus in Deutschland ein großes Problem darstellt.  

 

Auch wir finden, dass die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit oder äußerlichen Merkmalen nicht in eine aufgeklärte und demokratische Gesellschaft gehört. Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig. Es wird Zeit, dass wir dieser Diversität mit Toleranz und Wertschätzung begegnen und gemeinsam daran arbeiten, dass Vielfalt, Gleichberechtigung und Chancengleichheit auch wirklich gelebt werden.  

 

Dafür werden wir das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Auf der strukturellen Ebene wollen wir uns die Arbeitswelt anschauen. Welche Strukturen, Entscheidungsabläufe und Routinen haben sich hier verfestigt, die Rassismen reproduzieren? Was kann hier konkret getan werden, um eine diverse und rassismusfreie  Arbeitsumgebung zu schaffen? Denn rassistische Diskriminierung und Ausschlussverfahren finden in verschiedenen Kontexten statt und werden von Außenstehenden entweder nicht wahrgenommen oder bewusst ignoriert. Meistens fehlt es uns aber auch an konkreten Handlungsstrategien, um damit umzugehen. Hier können wir gemeinsam Maßnahmen und Strategien entdecken, die eine diverse Arbeitskultur fördern und den Umgang miteinander stärken.  

 

Um Rassismus nachhaltig zu bekämpfen ist es vor allem notwendig, sich auf individueller Ebene damit auseinanderzusetzen. Auch wenn wir das nicht gerne hören, aber jede:r Einzelne:r von uns reproduziert Rassismen. Das liegt an unserer Wahrnehmung, die auf sozialisierten Stereotypen von Menschen die vermeidlich anders aussehen beruht. 

Daher lasst uns gemeinsam unsere eigenen Denk- und Handlungsmuster hinterfragen: Welche Gedanken kommen Dir beim Thema Rassismus zuerst in den Sinn? Hast Du Dich schon einmal bewusst mit Deinen Annahmen und Vorurteilen gegenüber anderen Nationalitäten oder auch Kulturkreisen auseinandergesetzt? Was kannst Du, beispielsweise als Führungskraft, Mitarbeitende:r oder Kooperationspartner:in, zu einem rassismusfreien Arbeitsplatz beitragen? Und wie kannst Du Deine Position als Nichtbetroffene:r dazu nutzen, um Betroffene zu unterstützen? 

 

 



Theoretisches

Rassismus ist...?!

Was ist damit gemeint?

Rassismus bezeichnet eine soziale Ausschließungspraxis, die Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Merkmale wie Name, Aussehen, Kultur, Religion und Herkunft in homogene Gruppen kategorisiert, sie negativ bewertet und ausgrenzt. Die Grundlage dieser Praxis bildet die in Europa begründete ideologische Rassentheorie, demzufolge Menschen in voneinander abgrenzbare „Rassen“ unterteilt sind, die sich in ihren Eigenschaften und Fähigkeiten grundlegend unterscheiden. Dabei geht man davon aus, dass Weiße Menschen aufgrund ihrer „Rasse“ Menschen mit dunkler Hautfarbe, sprich Schwarzen Menschen und People of Color  überlegen sind. Diese menschengemachte Ideologie ist seit Jahrhunderten in unserer Gesellschaft verankert und baut auf Versklavung, Kolonialismus, Macht- und Herrschaftsverhältnissen auf.

Heutzutage besitzen die Mehrheit der Menschen ein grundlegendes Wissen darüber, dass Rassismus auf falschen ideologischen Vorstellungen beruht. Dennoch existieren nach wie vor bewusste und unbewusste rassistische Denkmuster in unseren Köpfen, die diese Machtstrukturen aufrechterhalten und Einfluss auf nahezu allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens nehmen:

  • Auf der strukturellen Ebene zeigt sich Rassismus in Routinen und Verfahrensweisen, die in unserem gesellschaftlichen System tief verwurzelt sind und zur Benachteiligung einzelner Gruppen führen. Diese zeigen sich insbesondere durch die Ungleichverteilung von ökonomischen, politischen,  sozialen und kulturellen Ressourcen. In der Arbeitswelt zeigt sich struktureller Rassismus beispielsweise darin, wer welche Arbeit macht oder wie die Macht, Entscheidungen zu treffen, verteilt ist. Diese Form von Rassismus ist nicht immer einfach zu erkennen, da bestehende und vertraute Strukturen häufig nicht hinterfragt und auch von den Betroffenen selbst nicht sofort als diskriminierend erkannt werden.
  • Auf der institutionellen Ebene lässt sich Rassismus in Prozessen, Einstellungen, Gewohnheiten und Verhaltensweisen festmachen, welche auf eine Diskriminierung hinauslaufen und durch unbewusste Vorurteile und rassistische Stereotypen, Schwarze Menschen oder People of Color individuell oder kollektiv benachteiligen. Dabei wird Rassismus nicht als individueller Akt betrachtet, sondern als Normen und Praktiken öffentlicher und privater Institutionen und Organisationen, die diskriminierende Strukturen bewusst oder unbewusst  begünstigen und aufrechterhalten. Die Diskriminierung von kopftuchtragenden Musliminnen auf dem Arbeitsmarkt ist ein Beispiel für institutionellen Rassismus.
  • Rassismus findet aber auch auf individueller Ebene statt und zeigt sich durch bewussten Ausschluss der als fremd wahrgenommenen Menschen und Menschengruppen, aber auch durch beleidigende Äußerungen und im Extremfall durch Gewalttaten. Hier spielen vor allem ideologische Vorstellungen, aber auch explizite Vorurteile, Klischees und stereotypes Denken eine entscheidende Rolle.

Info: Die Begriffe "Weiße" und "Schwarz" bezeichnen keine biologische Eigenschaft oder eine reelle Hautfarbe, sondern eine soziale gesellschaftliche Position. Dabei kennzeichnet "Weiß" den privilegierten Status von Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, während "Schwarz" eine Selbstbezeichnung von Menschen ist, die von Rassismus betroffen sind. 


Praktisches

  • Bias Test: Der implizite Assoziationstest (IAT) ist ein Werkzeug, um eigene Einstellungen und Stereotype zu hinterfragen (für verschiedene Themen verfügbar).

Was tun bei Rassismus am Arbeitsplatz? Ein paar Tipps:

Guter Wille allein reicht meistens nicht aus, um diskriminierende Äußerungen oder Handlungen zu vermeiden. Um Rassismus zu erkennen und das eigene Verhalten zu ändern bzw. Strukturen zu beeinflussen, müssen wir unsere eigenen Positionen reflektieren können. Gleichzeitig ist es wichtig, weiterhin reagieren und agieren zu können. Daher haben wir ein paar Tipps und Learnings für Nichtbetroffene und ein paar hilfreiche Informationen für Betroffene zusammengetragen, um im (Arbeits-)Alltag aufgeklärter, rücksichtsvoller und rassismuskritischer handeln zu können.

 

Reflexionsfragen

  • Wo erkenne ich bei mir selbst rassischtische Denkmuster?
  • Wie nehme ich Menschen wahr, die eine andere Hautfarbe haben als ich?
  • Wie viele Menschen mit einer anderen Hautfarbe begegnen mir in meinem beruflichen Umfeld?
  • Welche Maßnahmen könnten konkret helfen, ein rassismusfreies Arbeitsumfeld in meinem Unternehmen zu schaffen?
  • Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden?
  • Welche Faktoren müssen mitgedacht werden? Und welche Ressourcen stehen zur Verfügung?
  • Wenn schon Maßnahmen ergriffen wurden: Welche waren das? Welche haben funktioniert, welche nicht so? Gebe ich mein Wissen darüber an andere weiter?
  • Wie reagiere ich, wenn ich Zeug:in eines rassistischen Vorfalls werde? Gehe ich auf die betroffene Person zu und biete meine Hilfe an?

Inspirierendes

Was hat Euch inspiriert, Euch mit diesem Thema auseinanderzusetzen? Welche Bücher, Zeitschriften, Podcasts, etc. haben Euch zum Nachdenken gebracht? Was findet Ihr, sollte man gelesen haben, wenn man eine rassismusfreien Arbeitsumgebung gestalten will?

 

Wir freuen uns, wenn Ihr Eure persönlichen Tipps mit uns und der Community teilt und sie in der Kommentarspalte notiert. Wir werden sie dann auf der Seite  "diverse Link- und Buchtipps" ergänzen. So entsteht am Ende dieses Jahres hoffentlich eine bunte und umfangreiche Informationsquelle, in der es eine Menge zu entdecken gibt.

 

P.S.: Auf der Seite mit den Link- und Buchtipps findet Ihr auch Inspirationen für die anderen Themen unseres DiversitYears und einen Vielfalts-Kalender mit wichtigen Terminen zum Thema Diversity!