Lieb doch, wen du willst!

Die Rolle von sexueller Orientierung und Geschlecht am Arbeitsplatz


In den folgenden Wochen möchten wir genauer auf die Rolle von sexueller Orientierung und Geschlecht am Arbeitsplatz eingehen. Doch warum sprechen wir in den nächsten Wochen über diesen Aspekt, schließlich “hat meine Sexualität am Arbeitsplatz doch eh nichts zu suchen”, oder? Ein Blick in Statistiken, Studien und Zeitungsartikel zeigt: Doch und wie wir darüber reden müssen!

 

Eine der größten Hürden für das Ausleben der eigenen sexuellen Orientierung und verschiedener Geschlechter ist die Heteronormativität, die in unseren Gesellschaftsstrukturen und noch sehr häufig in unseren Denkmustern verankert ist. Heteronormativität beschreibt eine Struktur, die nur Frauen und Männer kennt. Dieses System wird als natürlich vorausgesetzt und ist gesellschaftlich mit Privilegien verbunden. Außerdem wird häufig das Geschlecht mit einer ihr zugewiesenen sexuellen Orientierung in Verbindung gebracht. Das heißt, dass bei Personen, die als Frauen gelesen (also von anderen als Frauen eingeordnet) werden, davon ausgegangen wird, dass sie stereotypische feminine Eigenschaften besitzen und ein auf Männer gerichtetes Begehren haben. Abweichungen von dieser heterosexuellen zweigeschlechtlichen Norm werden oft nicht akzeptiert und bestraft. Dies zeigt sich für viele LGBTIAQ* Personen zum Beispiel in Form von Beleidigungen, Diskriminierung am Arbeitsplatz oder der Nicht-Sichtbarkeit und fehlender Repräsentation in gesellschaftlichen Diskursen, Medien etc. Zwar hat sich die rechtliche Lage von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten in den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert, doch trotzdem machen homo-, bi-, a- und pansexuelle, nichtbinäre sowie trans* Personen immer wieder Diskriminierungserfahrungen im Berufsalltag. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass 30 Prozent der LGBTIQ* Beschäftigten mit Ausgrenzung im Arbeitsleben konfrontiert werden. Bei trans* Menschen sind es sogar mehr als 40 Prozent. Und auch Burnout und Depressionen werden bei LGBTIAQ*-Personen dreimal häufiger als bei heterosexuellen Menschen diagnostiziert. Was können Unternehmen und Institutionen tun, um die Beschäftigten zu unterstützen und ein sicheres und offenes Umfeld zu schaffen?

 

Hilfreich können Netzwerke im Unternehmen sein, in denen sich LGBTIAQ*-Personen austauschen können oder eine D&I-Abteilung, in der Ansprechpartner:innen vorhanden sind. Doch auch hier müssen nicht nur die Strukturen vorhanden sein: Es braucht auch eine Unternehmenskultur, die diskriminierendes Verhalten klar ablehnt. Und da eine Unternehmenskultur durch die entsteht, die sie leben, betrachten wir auch die individuelle Ebene: Wie können wir Kolleg:innen unterstützen? Wie verhalte ich mich beispielsweise bei einem Outing? An welchen Stellen muss ich mein eigenes Verhalten überdenken und mir meinem unconcious bias (unbewusste Vorurteile) bewusst werden?



Theoretisches

LGBTIAQ* und cis

Wofür steht LGBTIAQ*?

 

Das Akronym LGBTIAQ* steht für lesbian, gay, bisexual, trans, inter, asexual/agender/aromantic und queer. LGBTIAQ* ist eine Selbstbezeichnung für Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihrem Geschlecht oder ihres Körpers von der heterosexuellen und/oder cisgeschlechtlichen Norm abweichen.

 

 

 

Lesbisch: Sexuelles Interesse von Frauen an Frauen

Gay/Schwul: Sexuelles Interesse von Männern an Männern

Bisexuell: Sexuelles Interesse an zwei Geschlechtern (nicht notwendigerweise Mann und Frau)

Trans*: Menschen, bei denen das Geschlecht von dem Geschlecht abweicht, dass ihnen bei ihrer Geburt aufgrund ihrer Genitalien zugeschrieben wurde

Inter*: Menschen, die aufgrund bestimmter körperlicher Merkmale weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden

Asexuell: Menschen, die kein Bedürfnis nach sexuellen Kontakten mit anderen Menschen haben

Agender: Personen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen

Aromantic: Personen, die sich nie oder nur höchst selten in andere Menschen verlieben bzw. romantische Anziehung zu anderen Personen spüren.

Queer: meist ein Sammelbegriff für Menschen, deren sexuelle Orientierung und/oder Geschlecht nicht heteronormativen Vorstellungen entsprechen

*/+ : Ein Verweis auf weitere sexuelle Orientierung und/oder Geschlecht hinterfragend

 

Die hier verwendete Formulierung ist nur eine von vielen: Je nach Kontext, Sprache oder persönlicher Präferenz werden die Buchstaben zum Beispiel anders angeordnet oder unterschiedlich viele ausgewählt. Im Deutschen ist zum Beispiel die Bezeichnung LSBTIQ geläufig, da statt dem G(ay) das deutsche S(chwul) verwendet wird. Oder das * wird im Englischen oft durch das + ersetzt. Wir von New Work Women haben uns für LGBTIAQ* entschieden und werden es daher versuchen möglichst durchgängig zu verwenden. Allerdings kann es vorkommen, dass Ihr andere Versionen bei uns entdeckt. Das liegt dann in der Regel daran, dass wir uns auf Studien beziehen, die eine bestimmte Zielgruppe befragt haben.

 

Was heißt cis?

Cis oder cisgender meint Personen, bei denen das gelebte Geschlecht, das Geschlecht mit dem sich eine Person identifiziert, mit dem bei der Geburt aufgrund der Genitalien zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.


Praktisches

  • Bias Test: Der implizite Assoziationstest (IAT) ist ein Werkzeug, um eigene Einstellungen und Stereotype zu hinterfragen (für verschiedene Themen verfügbar).
  • Du bist selbst Teil der LGBTIAQ* Community oder ein:e Angehörige:r und brauchst einen Rat? Dann schau doch mal bei dem gemeinnützigen Verein "Rosa Strippe" vorbei. Die Mitarbeitenden bieten auch E-Mail- oder Videoberatungen an.

Maßnahmen zur Gleichstellung von LGBTIAQ* Personen

Hier findest Du eine Sammlung von Maßnahmen, die zur Gleichstellung von LGBTIAQ* Personen beitragen. Sollten Vorschläge nicht in Deinem Handlungsspielraum liegen, nutze sie als Inspiration. Setze Dich in Deinem Rahmen für  eine Unternehmenskultur in Deiner Organisation ein, die sich durch einen diskriminierungsfreien und wertschätzenden Umgang auszeichnet. Am Ende profitieren alle davon.

Hier findest Du noch weitere Informationen sowie Tipps und Tricks zur konkreten Umsetzung:

Reflexionsfragen

  • (An heterosexuelle Personen): Wie oft wurde ich schon aufgefordert, meine Sexualität zu definieren? Wann war meine Heterosexualität ein Problem für mich?
  • Wie oft sehe ich gleichgeschlechtliche Paare Hand in Hand auf der Straße laufen? Woran könnte es liegen, wenn mir nur selten gleichgeschlechtliche Paare begegnen?
  • Wie stark habe ich mich schon mit meiner eigenen Sexualität auseinandergesetzt?
  • Wie viele LGBTIAQ* Personen habe ich in meinem Umfeld? Berichten sie über Mobbing oder Diskriminierungserfahrungen in ihrem privaten oder Arbeitsumfeld?
  • Welche Vorurteile und Glaubenssätze habe ich gegenüber LGBTIAQ* Personen?
  • Gibts es eine Anlaufstelle für LGBTIAQ* Personen in meiner Organisation? Und ist sie ein sichtbarer Teil der Organisationsstrukturen?

Inspirierendes

Was hat Euch inspiriert, Euch mit diesem Thema auseinanderzusetzen? Welche Bücher, Zeitschriften, Podcasts, etc. haben Euch zum Nachdenken gebracht? Was findet Ihr, sollte man gelesen haben, wenn man einen diskriminierungsfreien Raum für LGBTIAQ* Personen gestalten will?

 

Wir freuen uns, wenn Ihr Eure persönlichen Tipps mit uns und der Community teilt und sie in der Kommentarspalte notiert. Wir werden sie dann auf der Seite  "diverse Link- und Buchtipps" ergänzen. So entsteht am Ende dieses Jahres hoffentlich eine bunte und umfangreiche Informationsquelle, in der es eine Menge zu entdecken gibt.

 

P.S.: Auf der Seite mit den Link- und Buchtipps findet Ihr auch Inspirationen für die anderen Themen unseres DiversitYears und einen Vielfalts-Kalender mit wichtigen Terminen zum Thema Diversity!